Von Sportpiloten, den sogenannten

In Zeiten erhöhter politischer Wachsamkeit (zur Zeit sind wieder Sozialisten und grüne Dirigisten am Werke) ist es vielleicht angebracht, mit der schillernden Vieldeutigekit häufig benutzter Worthülsen aufzuräumen. Begriffe wie AL oder GA. Oder Sportpilot. Diese letztgenannte Spezies, ein nicht unwesentlicher Teil der AL, wird oft missverstanden. Zumindest von einem gewissen Gebhard M. aus E., für welchen jene AL so überflüssig ist wie ein Kropf, wie seinem Leserbrief in der Frankfurter Rundschau vom 27. April zu entnehmen ist. Was überhaupt bedeuten AL und GA? Alternative Liste, Grüner Aktionismus?

Sie sehen, es ist Zeit für ein paar Erklärungen.

Bemühen wir die Welt des Automobils zur Illustration. Da gibt es diese vielen kleinen Kompaktwagen wie den Uno, den Lupo und wie sie alle heissen mögen. Die wiegen alle so um eine Tonne, bieten gerade mal vier Personen Platz und schaffen vielleicht so um die 180, 200 Spitze. Und nun stellen Sie sich die Dinger mal bei einem Autorennen vor, auf so einem Ring wie Hockenheim oder bei Nürburg in der Eifel. Recht eigenwillige Vorstellung, wie? Sind doch keine Sportwagen! Ja, Porsche oder Ferrari, das sind echte Brummer.

Seltsam nur, diese kleinen Hochdecker, diese Cessnas vom Typ 152 oder 172, die oft an Wochenenden durch den Himmel ziehen, die wiegen so um die 1200 Kilo und schaffen so um die 100 Knoten die Stunde, das sind etwa 180 KMH, die betitelt alle Welt als Sportflugzeuge. Was für eine Art Sport ist das denn, den diese Sportpiloten da ausüben? Weder diese kleinen Flieger noch deren Insassen brechen Rekorde, nicht in Geschwindigkeit, noch in Höhe oder Flugdauer. Vielleicht, wenn die, die da oben in ein, zwei Kilometern Höhe daherziehen, per pedes raus sind zum Flugplatz, das hat dann noch was sportliches. Aber vom Anmarsch zum Flugplatz mal abgesehen, bleibt die Suche nach eindeutig Sportivem erfolglos. Schon recht wundersam das Ganze: All jene die da mit ihren privaten Auto werktäglich zur Arbeit pendeln, am Wochenende raus ins Grüne fahren oder ein, zweimal im Jahr weiter weg in den Urlaub, da spricht niemand von Sportfahrern und ihren Sportautos.

Natürlich hat die Luftfahrt ihre Sportarten, natürlich gibt es Sportflugzeuge und Sportpiloten, die diese Dinger fliegen. Segelflug zum Beispiel, den Flug ohne Motorkraft nur mit Hilfe von Aufwinden und Thermik. Sportliche Ziele: möglichst lange oben bleiben oder möglichst weit kommen. Eine Stunde Flug oder hundert Kilometer sind da schon was.
Oder die Piloten mit ihren erstaunlichen Flugfiguren, mit ihren Loopings, Rollen, Trudelmanövern. Hochleistungssport ist das, was da so ein Klaus Schrodt mit seiner Walter Extra vollbringt, vergleichbar nur mit den fahrenden Rennfahrern wie den Schuhmacher-Brüdern. Der Herr Schrodt allerdings kunstfliegt in seiner Freizeit, ohne ein sattes Salär von mehreren Millionen Euro.
Seine Brötchen verdiente er bisher als Flugkapitän auf einem Airbus. Er war bis September Linienpilot bei der Lufthansa. Dieser Herr Schrodt war Linienpilot, er flog Linie.

So eine Linienverbindung ist ein regelmäßig verkehrender (Flug)dienst zwischen zwei oder mehr Orten. So wie der (laut Fahrplan) regelmäßig fahrende Bus oder die Bahnverbindung. Diese Linienflüge, diese Verkehrsfliegerei, aber sind nur ein Teil des Lufttransportsystems in Deutschland. Da ist da noch das Flugaufkommen des Militärs. Schließlich die ganze Vielfalt all der restlichen fliegerischen Aktivität, welche oberflächige Medien gern auf die Sportflüge angeblich betuchter Zahnärzte übers heimische Naherholungsgebiet reduzieren: Die Allgemeine Luftfahrt, abgekürzt AL, angelsächisch General Aviation,abgekürzt GA.

Nennen wir Beispiele: Da ist einmal das gesamte Feld der Bedarfsluftfahrt: die Charter-Flüge nach Mallorca, Antalya, Kreta und anderen Zielen kennt wohl jeder. Vielleicht weniger bekannt, aber durchaus existent sind Taxi- oder Geschäftsflüge: Eine Firma oder Privatperson chartert ein Flugzeug für die diskrete oder eilige Geschäftsreise oder weil im Zielgebiet der Flugplatz von den einschlägigen Fluggesellschaften nicht bedient wird. Das geht soweit, das sich manche Firmen ein oder gar mehrere Flugzeuge halten wie Firmenautos in einem Fuhrpark, nur um von Flugplänen oder bestimmten Flugplätzen unabhängig zu sein. Auch ist man in solch einem Flugzeug unter sich; kein Dritter sitzt in Hör- und Sichtweite, und geschäftliche Besprechungen sind während des Fluges möglich, ohne dass andere Passagiere, Fremde eben etwas davon mitbekommen. Bei für solche Zwecke eingesetztes Fluggerät handelt es sich oft um Jets im Wert mehrerer Millionen Dollar mit Platz für zehn bis zwanzig Passagiere; die befliegen den gleichen Luftraum wie die dicken Pötte der Linienflieger und die Piloten haben die Berufs- oder Linienpiloten- Lizenz.

Oder Inselflüge. So mancher Wochenendausflug an die Nord- oder Ostsee wird so erst möglich.

Die meisten von uns kennen wohl die diversen Serien über Rettungsflieger im Fernsehen. Diese Rettungsflüge gehören genauso zur AL wie Organtransporte oder Krankenrücktransporte aus dem Ausland mit kleinen Jets wie der Citation. Und die Hubschrauber zur Verkehrsbeobachtung. Die Inspektion von Überlandleitungen und Öl oder Gaspipelines. Oft sind es auch kleine einmotorige Maschinen, die hierfür eingesetzt werden. Und natürlich die Rundflüge über die heimische Landschaft, zum Fotografieren oder einfach auch nur zum Schauen.
– Die vorhin erwähnte Citation stammt übrigens auch aus dem Hause Cessna (welches der Firma Textron gehört, diese wiederum zum Raytheon Konzern). Im Zusammenhang mit einem Rundflug am letzten Wochenende von einer Cessna zu reden, wenn eigentlich der viersitzige Hochdecker gemeint ist, ist daher zwar nicht falsch, aber nichtssagend, fast so schlimm wie Kleinflugzeug.
Dann wäre es doch konsequenter, die zur Vereinfachung neigende oder von schlichter Unkenntnis gesegnete Presse spräche gleich von unbekannten Flugobjekten, von Ufos. Auch nicht falscher oder informativer, klingt aber ungleich dramatischer.

AL steht für Allgemeine Luftfahrt und dieser Begriff steht für all jene Flugaktivität, welche weder militärischen Charakter hat noch als Linienflugverkehr einzuordnen ist. Diese Flüge können sowohl gewerblichen wie privaten Charakter haben. Das Flugbenzin für solche Flüge rein privaten Charakters ist übrigens, entgegen landläufiger Meinung, sehr wohl zu versteuern, so wie ein Autofahrer die Tankfülllung für seinen Wagen zu versteuern hat. Allerdings bekommt dieser durch die kostenlose Nutzung der Verkehrswege wieder einen Teil seines Geldes zurück. Die Nutzung von Flugplätzen und -häfen, Anfragen beim staatlichen Wetterdienst und Gebühren für die Flugverkehrskontrolle, sogenannte Abfluggebühren, sind hingegen von den Piloten obendrein zu bezahlen. Laut einer Schätzung der AOPA, einer Art ADAC der Allgemeinen Luftfahrt, liegen die Steuereinnahmen durch Flugbenzin bei etwa 30 Millionen Euro jährlich.
Der Begriff Allgemeine Luftfahrt umfaßt derartig viele und verschiedene Teile des Systems Luftfahrt, sodaß eine Definition letztlich nur durch Abgrenzung erfolgen kann. Dies ist ein weites Feld.

Abgegrenzt gegenüber der Verkehrsfliegerei (der vermeintlich “richtigen” Fliegerei), der Großluftfahrt mit ihren Boeings und Airbussen sieht das so aus (Quelle: AOPA Germany):

– 97 % aller in Deutschland zugelassenen Flugzeuge (einschließllich von Segelflugzeugen) werden für Zwecke der AL eingesetzt
– die AL generiert allein in Deutschland circa 2 Millionen Flugstunden und 3.9 Millionen Starts und Landungen, das sind 82% aller in Deutschland durchgeführten Flüge
– ausser den 17 Verkehrsflughäfen in Deutschland werden von der AL gut 150 weitere Verkehrslandeplätze (ohne Segelflugelände) bedient
– 20% aller Deutschen, welche jährlich ein Flugzeug nutzen, werden von der AL befördert
– die AL ist für circa 560 Luftfahrtfirmen, 200 Airtaxi-Unternehmen und etwa 40 Entwicklungsbetriebe mit insgesamt 45.000 Arbeitnehmern die Existenzgrundlage
– die Bruttowertschöpfung der AL beträgt allein in Deutschland ca. 700 Millionen € pro Jahr.

Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, daß der Einstieg in die Motor- oder Segelfliegerei, sei es mit Hilfe eines Vereins, sei es an einer kommerziellen Flugschule, für manch einen der Einstieg in einen ersten oder weiteren Beruf bedeutet oder einfach auch nur als Zusatzqualifikation bei einer bereits ausgeübten Tätigkeit dient.

Es zeigt sich einmal mehr, was hinter scheinbar einfachen Begriffen sich alles zu verbergen vermag. Und vielleicht fällt Ihnen das eine oder andere hier Gesagte über den Nutzen der AL wieder ein, wenn so ein Sportpilot mit einem Sportflugzeug droben am Himmel vorüberzieht. Und vielleicht hat sogar Gebhard M. aus E. was dazu gelernt