Von Einem, der aufgab


Die Meldungen der Zeitungen ließen ihn wundern. Sie pflichteten ihm bei.
Die Probleme der Zeit ließen ihn fragen. Sie wichen ihm aus.
Die Ungerechtigkeit ließ ihn fordern. Sie trauten ihm nicht mehr.
Das arme Volk auf den Straßen der Stadt hauste in den Gassen und fror. Doch die Taler, die der gab,
nahmen ihm seine Trauer nicht.
Der Hunger in den Ländern jenseits der Grenzen ließ ihn nicht mehr essen. Sie prosteten ihm zu.
Die Alten im Heim kränkelten und starben. Das ließ ihn leiden. Sie lachten ihn aus.
Der Präsident im fernen Land hatte seine Methoden. Das sorgte ihn. So registrierten sie ihn.
Die Raketen im Land ließen ihn nicht kalt. Da schlugen sie ihn.


So verstrichen die Jahre und seine Jugend. Und die anderen lebten ihr Leben.


Seit zwei Tagen fand sich das Kreuz am Straßenrand; Bremsspuren auf dem Asphalt drumrum. Es gab
da eine Notiz im Lokalblatt; von Alkohol war da die Rede.
Da klagten jene Anderen und ereiferten sich. Ihn störte es nicht. Da empörten sie sich und fragten. Ob
er denn kein Herz habe. Ob er gefühllos sei und kalt wie ein Stein. Ob der Tod ihm nichts bedeute. Ob
er denn die Menschen hasse und das Böse liebe. Warum er überhaupt so anders sei.


Er bequemte sich und sprach. Das Herz habe man ihm gebrochen in den Jahren seiner Jugend. Die
letzten Tränen habe er vergossen in den Heimen der Greisen und Kranken. Die Kriege der Welt hatten
ihn gewöhnt an Tod und Siechtum. Gefühllos mache der kalte Beton der Stadt.


Und die anderen schwiegen.

Und so fuhr er fort. Er werde nicht mehr fordern, Ungerechtes zu bekämpfen. Er werde nicht mehr fragen
nach dem Sinn. Er werde nicht mehr trauern um die Armen der Welt. Er werde sich nicht mehr
ängstigen beim Anblick von Panzern und Raketen. Es gebe keine Angst ohne Hoffnung, und die
Hoffnung, die habe er begraben. Und der Tote störe ihn nicht. –


Die anderen schwiegen.

Und so wurde er einer der ihren.