Es war letztes Jahr, 2019 im Sommer, ein ganz normaler Juli in einem ganz normalem Jahr, da jährte sich in einem kleinen Städtchen namens Oshkosh am Lake Winnebago, ganz in der Nähe des riesigen Lake Michigans, ein Ereignis zum fünfzigsten Male.
Ein einmaliges Ereignis, dessen Beschreibung ausnahmslos Superlative erfordern würde, wäre das nicht auf Dauer langweilig und ermüdend.
Einmal im Jahr, jeweils im Juli, treffen sich unzählige Piloten, enthusiastische Flieger, alt und jung, Gewerbetreibende, Aussteller an jenem Ort um das individuelle Fliegen, das Reisen in kleinen Flugzeugen zu feiern, zu zelebrieren.
Es sind nicht – nur – die gemeinhin und fälschlicherweise als Sportflugzeuge klassifizierten Cessnas, jener falsch verstandene, falsch verwendete Begriff ahnungsloser Griffelschwinger.
Natürlich gibt es sie, diese Hochdecker mit den abgestrebten Flächen, das in vielen Varianten bis heute gebaute Modell C172 aus dem Hause Cessna. Aber eben mehr, weit mehr. Mehrmotorige Flugzeuge, Jets, Hubschrauber und möglicherweise sogar fliegende Teppiche.
Selbstbauten gar finden sich auf dem Wittman Field südlich der Stadt, und deren Besitzer, Erbauer, die oft jahrelang an diesen Unikaten gearbeitet haben. Betreut von der EAA, der Experimental Aircraft Association, dem eigentlichen Organisator und Ausrichter der Airventure, wie dieses Ereignis offiziell genannt wird.
Ja, letztes Jahr, 2019, im Juli, da jährte es sich um fünfzigsten Male, ohne Unterbrechung seit 1969, jenem Jahr, in welchem Neil Armstrong und Buzz Aldrin, stellvertretend für uns alle, auch für den orbitierenden Collins Michael, den Mond betraten.
Und niemand ahnte, sah voraus, das 2020 so ganz anders sein würde, verglichen mit dem uns bekannten Leben mit Festivals, Volksfesten, Verweilen in Biergärten, Relaxen am Strand, dem Reisen allgemein.
Plötzlich rufen die Länder Einreisestopps aus. Die USA machen, wenig überraschend, mal wieder ihre Grenzen dicht. Schon mehr eine Überraschung, Sensation gar, auch die Grenzen der EU werden dicht gemacht, und selbst Deutschland, jenes Land mit seiner in die ominöse EU Wolke diffundierenden Grenze, oh Wunder, macht dicht.
Der internationale Reiseverkehr bricht zusammen, Flugzeuge stranden auf den Flughäfen in aller Welt; die Wirtschaft kommt zu einem Stillstand.
Die Nachfrage nach Flugreisen geht zurück, Piloten gehen in Kurzarbeit. Diverse Regelungen wie der Mindestabstand haben aber auch ganz direkte, praktische Auswirkungen: Die Enge in den Cockpits erschwert oder verhindert die in regelmäßigen Abständen erforderlichen Checkflüge; das Meiden von Arztpraxen hat Auswirkungen auf die medizinischen Checkups des fliegenden Personals.
Die entsprechenden Behörden wie die amerikanische FAA und die europäische EASA verlängern rechtzeitig – der Herr sei gepriesen – die entsprechenden Fristen.
Während ein gewisser Donald Trump, vorgeblich amerikanischer Präsident die Pandemie leugnet, kleinredet, wegtwittert, treffen Veranstalter, Verantwortliche weise Entscheidungen:
Die ersten Großveranstaltungen werden abgesagt, die Aero in Friedrichshafen, andere Messen, viele Konzerte.
Schließlich trifft es dann auch Oshkosh. Anfang Mai verkündet der Veranstalter
We Don’t Gamble, We Need A Sure Thing
Man kann nun von den USA halten was man will, aber das Land wäre nicht das Land was es ist, wohnte deren Bürgern nicht so eine Art Optimismus-Gen inne.
Wie so viele Termine, Workshops, Veranstaltungen dieser Tage ändert sich die Form aber nicht der Inhalt: Vieles findet in der virtuellen Sphäre des Internet statt. So auch das Programm der diesjährigen Airventure:
Vieles von dem ursprünglich geplanten Programm findet nun virtuell unter dem angegebenen Link statt.
Allerdings, das grosse Fly-In der vielen Flugzeuge, Kernbestandteil des Ereignisses, wird man dieses Jahr vermissen.
Die unzähligen Flieger, aus allen Teiles des Landes, zum Teil sogar aus Übersee anreisend, die von Süden aufgereiht wie auf einer Perlenschnur, eine halber Meile Abstand haltend, über die Meldepunkte Ripon und Fiske in 1800 Fuss einer Eisenbahntrasse folgend nordwärts fliegend sich Wittman Field nähern, den drei Runways 09/27 und 0/36L und 0/36R – letztere ein für dieses Event zur Piste umdeklarierter Taxiway.
Mit den drei Pisten allein ist es aber nicht getan; bei der Anzahl der anreisenden Flugzeuge werden – müssen – die Bahnen quasi simultan benutzt werden indem verschiedene Landepunkte, sogenannte Dots zugewiesen werden, an denen aufzusetzen ist.
Lotsen am Boden bringen Ordnung in den Strom der Flieger, weisen anzufliegende Piste sowie eben diese zugewiesenen Landepunkte an. Das übliche Ansprechen der Flieger mit deren Rufzeichen entfällt, Flugzeugtyp und Farbe ersetzen das Callsign. Der Pilot oder Pilotin bestätigt dann mit Rollen um die Längsachse, vulgo: Mit dem Wackeln der Tragflächen:
Rock your wings if you understand.
Aber so wie der ganze Event, die ganze Airventure dieses Jahr virtuell stattfindet, so wurde kurzerhand auch das Fly-In virtualisiert. Zusammen mit dem Veranstalter, der EAA und dem Verband der Fluglotsen der USA, der NATCA, hat PilotEdge, ein kommerzieller Anbieter von Flugsicherungsleistungen für Betreiber und Nutzer von Flugsimulatoren, ein virtuelles Fly-In auf die Beine gestellt: PilotEdge SimVenture 2020.
Zu folgenden Zeiten werden reale Lotsen den Piloten der virtuellen Flieger An- bzw. Abflugfreigaben erteilen:
July 21 (Tuesday) – 1100-1400 PDT/1800-2100Z
July 23 (Thursday) – 0800-1100 PDT/1500-1800Z
July 24 (Friday) – 1400-1700 PDT/2100-0000Z
July 25 (Saturday) – 1300-1700 PDT/2000-0000Z
Die Flugbewegungen selbst lassen sich im Internet live verfolgen: http://map.pilotedge.net/map/
Der Autor selbst wird ebenfalls virtuell zu dem Event anreisen. Ausgangspunkt ist der John-Wayne Airport im kalifornischen Santa Ana.
Die aktuelle, vorläufige Reiseplanung über 1698 NM verteilt auf 6 Legs sieht so aus:
Mittwoch, 15. Juli: Santa Ana – Grand Canyon (KSNA -KGCN),
Distanz: 330 NM,
Route: PDZ 2CN8 CN23 GFS 1L4 PGS KGCN
https://skyvector.com/?ll=35.464584825388215,-114.14520263265945&chart=301&zoom=5&fpl=%20KSNA%20PDZ%20HEC%20GFS%201L4%20PGS%20KGCN%20KGCN
Abflug ca. 17:15 MESZ/08:15 PDT
Donnerstag, 16. Juli: Grand Canyon – Albuquerque (KGCN – KABQ)
Distanz: 271 NM
Route: KGCN KGUP 352129N1080150W KGNT 350344N1074228W ABQ KABQ
https://skyvector.com/?ll=35.29252356434268,-108.82530211962842&chart=301&zoom=2&fpl=%20KGCN%20KGCN%20KGUP%203521N10802W%20KGNT%203504N10742W%20ABQ%20KABQ%20KABQ
Abflug ca. 17:15 MESZ
Freitag, 17. Juli: Albuquerque – Colorado Springs (KABQ – KCOS)
Distanz: 283 NM
Route: DNIDE FTI V611 CIM V611 PUB
https://skyvector.com/?ll=35.21925844681122,-101.70593261234319&chart=301&zoom=5&fpl=%20KABQ%20KABQ%20OTO%20ACH%20TCC%20KAMA%20KAMA
Abflug ca: 17:15 MESZ
Samstag, 20. Juli: Colorado Springs – Columbus (KCOS – KOLU)
Distanz: 378 NM
Route: TXC V148 HCT OZB OBH V172 OLU
https://skyvector.com/?ll=41.88489863206383,-91.71112059999368&chart=301&zoom=9&fpl=%20KAMA%20KAMA%20SLN%20KMHK%20RBA%20LMN%20CID%20KCID%20KCID
Abflug ca: 16:00 MESZ
Sonntag, 20. Juli: Columbus – Madison (KOLU – KMSN)
Distanz: 378 NM
Route: SCB JWJ DBQ
https://skyvector.com/?ll=42.83166719655227,-89.73804473316996&chart=301&zoom=5&fpl=%20KCID%20KCID%20DBQ%20MSN%20KFLD%20KFLD
Abflug ca: 16:00 MESZ
Dienstag, 21. Juli: Madison – Wittman Field (KMSN – KOSH)
Distanz: 28NM
Route: KFLD RIPON FISKE KOSH
Abflug ca. 20:00 MESZ
Flugzeug: C172, Callsign N4436E
Die Flüge lassen sich live mit Cockpitdarstellung, Außensicht, Flugverlauf mittels Foreflight und Funk auf Twitch.tv mitverfolgen: https://www.twitch.tv/webstalle